Nine Lives
Spinefarm / 18.3.2013
Die spinnen, die Finnen
›Insomniac‹ klingt wie ein normaler moderner Rocksong, aber dann ist da diese alles überdengelnde Kuhglocke des Wahnsinns, kurz drauf singen die Engel. So fängt es an, so geht es weiter. Sie reißen ständig Erwartungshaltungen ein. Ganz normaler Hardrock ist nicht ihr Ding, obwohl man in jedem Stück subkutan hört, dass sie das auch können.
Aber wozu? Sie kennen halt ein paar Akkorde mehr als Otto Normalrocker, sie können Chor singen wie junge Götter, sie wissen, was Klangästhetik ist sie wissen wie man ungewöhnliche Akzente setzt, oder den Gesang auch mal ganz zurücknimmt, um dann umso überzogener wieder aufzudrehen. Und sie können eigentlich hitzige Parforceritte mit abgeklärter Unterkühltheit spielen (›Coming Home‹), aber ihr Bemühen, alles in fast jeden Track zu packen, kann anstrengend sein. Vor allem dann, wenn sie ätherische Klanglandschaften basteln, die aus dem Nichts kommen und dorthin wieder verschwinden. Oder plötzlich eine Art Kirchenchor gründen, für zwei Minuten, und zack: Wieder vorbei. Oder auf einem vollkommen angeschrägten Riff unangenehme Synthietöne herumfuhrwerken lassen. Aber dann quillt ›Flowers and Rust‹ aus dem Laufwerk: eine Powerballade, so traurig und ergreifend, so überzogen arrangiert, dass man kaum glauben will, das es ernst gemeinst ist. Und wenn doch? Dann lasset den Tränen freien Lauf. Aber es geht noch ärger: Das abschließende ›Prospect For Escape‹ ist doch eigentlich ein Auszug aus einer mindestens fünfstündigen Oper, oder?
8 1/2 / 10