Die Rampensau beflügelte
Pe Werner, Remchingen, Kulturhalle Open Air, 16.6.2021
Man merkt Pe Werner an, dass sie wieder richtig Lust auf die Bühne hat. Mit Menschen davor, wohlgemerkt, denn „ich spiele nicht vor hupenden Autos, ich möchte auch nicht geströmt werden.“ Beim Open Air Konzert ihrer Best Of Tournee mit dem Titel „Beflügelt von A nach Pe“ neben der Kulturhalle verspricht sie , sie werde nun die Rampensau rauslassen – und hält ihr Versprechen. Ganz in schwarz gekleidet, mit einem großen Peace–Zeichen und der roten Mähne, sieht sie auch aus wie eine. Eine, die gerade aus Woodstock kommt.
Es spricht für ihr Selbstbewusstsein sie sich ihren größten Hit „Kribbeln im Bauch“ nicht bis zum Schluss aufhebt, sondern gleich damit startet. Die mittlerweile 60jährige hat sich über die Jahrzehnte eine Karriere aufgebaut, die mit viel Humor, leisen Tönen und einer einnehmend natürlichen Nähe zu ihrem Publikum eine Ausnahmeerscheinung im Grenzbereich zwischen Musik und Kabarett darstellt, bei der dies beiden Pole tatsächlich ineinandergreifen und nicht nur als Nummernrevue ablaufen. Das schöne Wort „Seelenfederleichtigkeit“ aus ihrem Song „Fliegen“ trifft das, was die quirlige Entertainerin da macht, ziemlich genau.
Die musikalischen Stilmittel reichen dabei von dezenten Pop- und Rocknummern über jazzig swingendes bis hin zu Chansons und herzergreifenden, aber dennoch kitschfreien Balladen. All das begleitet Peter Grabinger am Flügel dann auch mit dem nötigen Einfühlungsvermögen. So wird etwa der Rocksong „Weibsbilder“ auf seine Essenz reduziert, und lässt dafür die Stimme umso klarer leuchten. Die kann fast überall hin: ob sie die knurrende, fauchende Rockröhre mit Blues-Timbre gibt, ob sie ganz im Stile klassischer Chansons singt oder sich auch mal in die Tonlagen einer Operndiva verfügt: Es klingt immer überzeugend und vor allem echt. So als spiele sie diese Facetten nicht nur, sondern lebe sie.
Sie eignet sich eine Fremdkomposition wie Otto Reutters witziges Coupket „Nehm’ Sie ’n Alten“ von 1926 mit spielerischer Eleganz an, als wär’s ein Stück von ihr und wenn sie „Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Aber muss das denn im Stehen sein“, singt, klingt das bei ihr genauso frech-frivol wie bei Barbara Schöneberger, für die sie den Song geschrieben hat. Sie gibt auch ihrem Tontechniker Pit Lenz die Chance zu Gastauftritten als Sänger und Blues-Harp-Spieler. Mit Peter Grabinger zusammen könnte er eine große Karierre als Volksmusik-Duo starten, witzelt sie. Oder am besten gleich zu dritt: „Woir nenne uns dann der flotte Dreier“. Der große humoristische Moment kommt spontan. Da fragt sie unvermittelt, ob den der „Herr Grabinger“ ob er wohl auch seinen Impfpass dabei habe. Diese Frotzelei steigert sich so lange, bis der das Dokument schließlich holen geht, während die Sängerin dem nun höchst amüsierten Publikum in ihrem kurpfälzischen Heimatdialekt erklärt: „Des ist Wahnsinn, was mit do mache, ned dass sie glauwe, des g’hört zum Prohramm“. Später wird kurz mal der Evergreen Champs Elysées zu „Kartoffelpüree“ und Peter Grabinger darf ausführlich in Mannheimer Dialekt die richtige Zubereitung von Kartoffelpüree erklären.
Gegen Ende des Programms setzt sie – wie als Kontrast – auf die nachdenklichen, die melancholische Töne und besingt das Alter in „Herbstzeitlos“. Traurig aber voller Hoffnung und Gelassenheit, denn schließlich gibt es ja noch die „Trostpflastersteine“. Und als der Mondüber Remchingen leuchtet, entlässt sie ihr Publikum mit einer stimmungsvollen Interpretation von „der Mond ist aufgegangen“.