10.1.2022

„Normal is not something to aspire to, it’s something to get away from.” Normal ist nicht etwas, was man anstreben sollte, sondern etwas, von dem man möglichst Abstand nehmen sollte. Soll Jodie Foster gesagt haben. Man könnte fast annehmen, sie hätte die Wahlplakate der „AfD“ gekannt, auf den steht: „Deutschland – aber normal“. Und sie sagen gerne diesen Satz: „Wenn der Faschismus wieder kommt, wird er nicht sagen: ich bin der Faschismus, sondern er wird sagen: ich bin der Antifaschismus.“ In diesen Worten liegt die gesamte Täter-Opfer Umkehr in ihrer brutalsten, eliminatorischen Form. Auch, weil er die Demokratie als Faschismus brandmarkt. Denn die Grundlage jeder Demokratie, insbesondere der Deutschen, kann nur der konsequente Antifaschismus sein. Sonst hat sie keinerlei Legitimation.

Nein, der Satz muss anders heissen: „Wenn der Faschismus wieder kommt, wird er nicht sagen, ich bin der Fachismus. Nein, er wird sagen: Hallo, ich bin normal“. Der ganz aktuelle Faschismus sagt auch gerne mal: „Hallo, ich bin die Freiheit“.

Es ist merkwürdig. Früher gab es mal eine Zeit, da nannten sich Faschisten Faschisten und waren stolz darauf. Heute sind sie offenbar Weicheier und sagen, sie seien die Normalen. Was sie selbst sagen, kann uns egal sein. Sie lügen sowieso, schon bevor sie den Mund aufmachen. Viel bedenklicher ist: Es gab einmal eine Zeit, da war gesellschaftlicher Konsens, wer Faschisten ist. Die Medien wussten das, die Vertreter demokratischer Parteien, die Schriftsteller, die Philosophen, jedes Schulkind, das im Geschichtsunterricht aufgepasst hatte. Egal ob sie nun links waren oder liberal oder gut bürgerlich-konservativ. Aber das hat sich geändert. Das Gift ist auch in diese Kreise eingedrungen. Denn irgendjemand aus den vorgenannten Berufsgruppen meinte plötzlich: oh, das klingt aber zu hart, also dachte man sich den Euphemismus „Rechtspopulisten“ aus. Die so Verharmlosten wiederum nannten sich selbst „besorgte Bürger“. So lange, bis immer mehr wirkliche Bürger anfingen, deren eingebildete Sorgen ernstzunehmen und anfingen, diese Leute irgendwie auch dem Bürgertum zugehörig zu halten. Dadurch ermutigt, gingen die „besorgten Bürger“ ihrem Beruf, nämlich Faschist sein, weitgehend unbehelligt auf den Straßen nach.

Sie brachten Politiker dazu, plötzlich ohne Not Sätze wie diesen zu sagen: „Wir müssen die Sorgen und Nöte der Bürger ernst nehmen“. Was die damit aber meinten, war: „Wir müssen unsere Politik nach den Wünschen der Faschisten ausrichten“. Damit fingen sie unmittelbar an, und die Politik in diesem Land richtete sich immer mehr nach den Wünschen des krakeelenden Pöbels, obwohl die dazugehörige Partei an keiner Regierung beteiligt war. Der Pöbel und seine Partei arbeiteten aber weiterhin, je mehr sie sich radikalisierten, je unverhohlener sie den Bürgerkrieg anstrebten, an ihrer Selbstverharmlosung. Begleitet vom einer grotesken Täter-Opfer-Umkehr und der Erfindung einer herbei fantasierten Cancel Culture von links und einer dadurch angeblich herbeigeführten Spaltung der Gesellschaft. Inzwischen ist immer mehr zu hören von den Befindlichkeiten „normaler Leute“. Und wer sollte schliesslich was gegen normale Leute haben?

Da ist dann auch kaum jemand, der ihnen entschlossen entgegentritt und sagt: Nein, ihr seid keine „normalen Leute“. Nochmal zum Mitschreiben: Es gibt keine Spaltung der Gesellschaft. Es gibt die Gesellschaft, und es gibt die, die sich „normale Leute“ nennen, die auch gerne mal den „gesunden Menschenverstand“ vor sich hertrugen. Das ist ein Euphemismus für „gesundes Volksempfinden“. Das gesunde Volksempfinden trug in finstersten Zeiten Fackeln vor sich her und veranstaltete Pogrome, und tut es heute wieder. Die Querhenker-Demonstrationen lassen uns ahnen, was passiert, wenn man es lässt. Man hat sie schon viel zu oft gelassen. Inzwischen erschiessen sie Tankstellenhelfer und schlagen Journalisten nieder, angefeuert von professionellen Hetzern und Lügnern, die unter dem irreführenden Namen „alternative Medien“ für den Bürgerkrieg trommeln. Demnächst werden sie Kabarettisten erschiessen. Sie fangen gerade damit an, ihre Anhänger dazu aufzuwiegeln.