Geschmackvoll, nie geschmäcklerisch
„Edo Zanki präsentiert“ hatte Premiere im Kammertheater, Karlsruhe, 2.11.2009
Er habe des nachts im Radio Christina Lux singen hören, und da habe er sich vorgestellt, wie diese Stimme auf der Bühne des Kammertheaters klänge. Er schrieb eine Mail an die Sängerin, sie antwortet umgehend, das müsse Edo Zanki organisieren. So erzählt es Kammertheater-Intendant Bernd Gnann dem Publikum am vergangenen Montag abend im Kammertheater. Dem Publikum, das gerade in nahezu verklärte Begeisterung zwei Stunden dieser von Zanki zusammengestellten Truppe zugehört hat, und damit unter Beweis gestellt hat: Im Theater hört man besser. Zanki bestätigt es nach dem Konzert in den Katakomben, jetzt sehr entspannt, nachdem er zu Beginn doch wirklich echtes Lampenfieber eingestanden hat. „Wir haben auch jemanden in der Technik eingesetzt, der weiß was er tut, es soll ja schließlich musikalische Feinkost sein, ohne geschmäcklerisch zu werden“. Die Gratwanderung ist gelungen. Geschmackvoll war es, ein Kammermusikalischer Popabend mit allen Seitenlinien: Intelligente Songs, Improvisationsfreude, Blueseinflüsse.
Christina Lux eröffnet, von Zanki als „eine der großen Singer- Songwriterinnen des Landes“ angekündigt“. Ganz verhalten geht es los. Ein Hauch von Herbststimmung, der sich den ganzen Abend durchziehen wird. Die Lux sagt, man sage ihr nach, sie grüble zu viel. In Wirklichkiet sei es noch schlimmer. Ihre Musik lässt etwas davon aufscheinen. Die Songs klingen bei oberflächlichem Hören introvertiert, sind es aber nicht. Ihre Refrains haben nichts pathetisches, umgekehrt auch nichts wirklich Verzweifeltes. Aber wenn denn die Sonne in diesen Liedern scheint, dann gedämpft. „In ihren eigenen Stücken hat sie natürlich die Mütze auf, und wir als Band versuchen zu helfen mit allem, was uns dazu einfällt“, erklärt Zanki die Arbeitsweise. Michael Koschorrek fädelt sich mit seiner Gitarre und stimme ein. Der Mann, besser bekannt als Kosho, hat tags zuvor noch mit den Söhnen Mannheims vor abertausenden Fans gespielt, jetzt ist er der bescheidene Sideman, der vorsichtig ertastet, erfühlt, auslostet, was die zerbrechlichen Songs brauchen. Erst die der Lux, dann seine. Sein Gesang bringt eine neue Facette, Soul Scat, dann liefert Zanki die „Koloraturen“ dazu. Alles fließt ineinander. Zu hören sind runde, für diesen Moment gültige Skizzen, die die Vorstellung zulassen, das musikalische Material könne in einem anderen Raum zu anderer Zeit andere Formen annehmen. Die Songs werden nicht einfach ge- sondern erspielt. Da gibt es auch einmal einen langen, langen, vom Blatt gesungenen Text, an dessen Ende Zanki das Blatt erleichtert ins Publikum wirft. „Work in Progress“ eben.
In diesem fragilen Kontext wirkt Zankis eigene Nummer „Nur der Mond“ schon fast breitbeinig. Aber klotzen gibt es hier nicht – höchstens an Intensität. Dafür sorgen auch die Rhythmusleute Mario Garuccio (Drums) und Marius Goldhammer (Bass), die zweckdienlich sensibel spielen. Selbst wenn sie aufdrehen, Virtuosität wird nie zum Selbstzweck. Und wenn Kosho seine rhythmisch überraschende Version des Beatles Songs „Blackbird“ spielt und singt, gewinnt die Musik eine fast übernatürliche Leichtigkeit. In einem anderen, ganz neuen Stück singt er „Play a piece by Bach, an don’t worry about the rest of the world“. In einem solchen Moment ist man geneigt, dem Mann da oben auf der Bühne abzunehmen, dass er genau das gerade vollkommen ernst meint.
„Dass es sich gefunden hat… Herr Zanki, was meinen Sie?“ sagt Christina Lux, als sie gegen Ende nur noch in Andeutungen und Halbsätzen spricht, amüsiert schon über sich selbst. Es hat sich viel gefunden, in der Schlussrunde, als Zanki auch noch Sandie Wollasch auf die Bühne bittet, als „Gib mir Musik“ und gar der Kiss-Discohit „I was made for loving you“ anklingen und wieder verschwinden.