Vollbedienung in Sachen Kraftblues

Blues Caravan , im Jubez, Karlsruhe, 25.1.2009: Dreimal Gitarre im Jubez

Joanne Shaw Taylor steigt als erste in den Ring. Die 22järige Engländerin hat gerade ihr CD-Debüt „White Sugar“ veröffentlich – und ihre Bluesvariante heißt Bluesrock aus dem Dampfkochtopf.

Für den Anfang lässt sie es erstmal instrumental rollen und geht mit ihren messerscharfen Sound immer gern dorthin, wo es weh tut, und kann trotzdem überall hin: In den Sumpf genauso wie in die Gefilde des Texas Blues. Vergleiche gefällig? Stevie Ray Vaughn, manchmal auch Ana Popovic. Ihre Stimme schafft es ebenso mühelos, einer „Jetzt bin ich aber ganz böse und schick den Kerl in die Wüste“-Nummer den adäquaten rotzigen Ausdruck zu geben, zuerst verhalten, dann zunehmend wutschnaubend, bis man die Zornesader schwellen hört. Die extrem dynamische Rhytmussection (Mike Griot, Bass und Daniws Palatoin, drums) weiß bei allen Künstlern des Abend exakt, was wohin gehört. Ist das da nun der junge Steve Marriot, im adrette Anzügchen und Gaunerschühchen? Oli Brown heißt er, ist gerade mal 19 und erntet Lacherfolge, wenn er seinen Song über seine Erfahrungen mit Frauen in seinem langen Leben ankündigt. Es klingt aber schon echt, was er da in einer halben Stunden an elektrifizierter Emotion auffährt: Kantig, oft funky, dann wieder extrem swingend. Brown ist der lebende Beweis, warum diese junge Blues-Spielart (von Blues-Puristen natürlich ins Fach „Rock“) einsortiert gerade bei älteren Zuhörern so viel Begeisterung erzeugt: Weil sie einfach vom Arrangement, Sound und der extrovertierten Stellung der Gitarrensoli klingt wie Classic Rock anno 1970. Und wenn der nette Knabe dann auch noch ins Publikum herabsteigt und einen auf Bernard Allison macht, ist das Glück perfekt.

Erja Lyytinen ist eine Slidegitarrenfurie. Experten vergleichen ihr Spiel mit Bonnie Raitt, mit der zusammen sie auch schon aufgetreten ist. Ihr Sound ist weiträumiger, weniger scharf und trocken als der ihrer Kollegen. Ihre Licks kommen flüssig und unangestrengt. Vielleicht liegt es daran, dass sie ein paar Jährchen älter ist – jedenfalls muss sie so offensichtlich niemandem etwas beweisen, außer dass Gelassenheit und Intensität keine Gegensätze sind. Stimmlich mag sie nicht über nicht die Röhrkraft der Kollegin Taylor verfügen, dafür bietet ihr „gitarristisches Spektrum“ immer wieder Überraschungen. Von reiner Lautmalerei bis hin zur an Hendrix gemahnenden Exaltiertheit („Grip Of The Blues!), alles ist drin. Ausgerechnet eine Cover Version, die meilenweit vom Blues weg ist, zeigt es exemplarisch: Tony Joe Whites „Steamy Windows“ (vor 20 Jahren ein Hit für Tina Turner) kommt lässig und unaufgeregt, gleichzeitig aber schleicht die Gitarre permanent um den heißen Brei, lauernd und hinterhältig. Ein bisschen mit einfachen Mitteln erschlichene Gänsehaut darf es auch noch sein, wenn in der gemeinsamen Schlussrunde „Ain’t No Love In The Heart Of The City“ gegeben wird, der Bobby-Bland-Klassiker, der wohl in der Whitesnake-Version am bekanntesten wurde. Da zeigen die drei Frontleute eine bis zu diesem Zeitpunkt ungewohnte Variante ihres Könnens: Sie singen zusammen schön wie die Engelein.