Live In Verona

eagle vision/ VÖ: 29.1.2016

Abzocke? Fragt der Deep-Purple-Sammler, der sein Regal schon wieder erweitern muss. Zudem noch eine, die die exakt identische Setlist enthält wie Live At Montreux 2011, zwei Tage vor Verona am 16. Juli 2012 aufgenommen. Natürlich ist es nicht das selbe. Hier spielt schließlich Deep Purple, keine Musikbox. Mit Verona bekommt der Fan das bessere Konzert vor der imposanten Kulisse des römischen Amphitheaters, in dem eint Gladiatoren kämpften.

Allerdings gibt es diesmal keine Bonus Features. Dafür einige Kameraperspektiven, die die Interaktion der Musiker besonders eindringlich in Szene setzen. Und genauer konnte man die hochkonzentrierte Schwerstarbeit des unglaublichen Ian Paice kaum je beobachten. »What a wonderful place« sagt Ian Gillan nach einem furiosen Woman From Tokyo. Mit dem die Band gerade mal den Beweis erbracht hat, dass auch die eher mäßigen Kompositionen in engagierter Generalüberholung Funken sprühen können. Bis dahin hat sich der Sänger tapfer durchs Repertoire geschlagen, einzig bei Hard Lovin‘ Manmusste er sich in Schreie in undefinierbarer Tonart flüchten. Der Abend ist sein Abend, man spürt und sieht es: Gut gelaunt (man achte auf den Gong-Estz bei Hard Lovin Man und sein Jonigkuchenpferd-gesicht dabei) holt er aus den Songs alles, was emotional möglich ist. Vielleicht ist ihm in Verona eine der besten Interpretationen von ›When A Blind Man Criesgelungen: da lotet er den ganzen Weltchmerz des Textes bis in den hintersten Winkel aus. Dass die Performane der Band perfekt, aber nicht routiniert ist, geschenkt. Stattdessen soll das Lob der Frankfurter Neuen Philharmonie gesungen werden Dampf mit allem Druck, den die Physis zuläßt, in grandiosem Rock’n’Roll‹, so beschreibt das Orchester auf seiner Homepage die Einsätze an der Dezibel-Front. Wohl wahr. Die 38 Musiker spielen mit der Band, nicht gegen sie und auch nicht nebenher. Mal wie ein unterschwelliger Sturm im Hintergrund, mal akzentuiert und scharfkantig. Insbesondere Knockin At Your Backdoor‹ wird so zum reinen Vergnügen, wenn die Damen im „kleinen Schwarzen“ mit glühenden Geigenbögen die Dramatik hochziehen, während Gillan vor ihnen feixend die Freuden des Analsex besingt.

10/10