„Jetzt atmen wir einfach mal ins linke Knie“

Nepo Fitz im Epernay Saal des Ettlinger Schlosses, 16.1.2011

Auf dem Land ist alles ganz anders als in der Stadt – und wenn man in der niederbayrischen Provinz als Sohn der Kabarettistin Lisa Fitz aufwächst, ist es nochmal anders, und das heißt nicht etwa einfacher. Das ist die Botschaft, mit der Nepomuk „Nepo“ Fitz das Publikum im Epernay-Saal des Ettlinger Schlosses im Sturm erobert. Gleich vorneweg: Fitz ist den meisten Comedians, die sich mit den Initiationsriten der Mann-Werdung beschäftigen, haushoch überlegen. Das ist zum einem seinem schauspielerischen Talent zu danken, zum anderen seiner Distanz zu allfälligen Platitüden. Das alles trotz des furchteinflößenden Programmtitels „Pimpftown – wie werde ich ein Mann?“.

Kaum auf der Bühne startet er einen Überraschungsangriff auf die erste Reihe, fragt: „Sagen Sie, wie wird man ein Mann?“ Der Angesprochene schweigt, und Fitzt kontert: „Sagen sie wenigstens: Ein Mann ist ein Mann, wenn er schweigen kann… sonst kann’s ned weitergeh’n!“. Und wie es weitergeht. Fitz spielt in einem Parforce-Ritt die gesamte Palette adoleszenter Ängste durch, die man beispielsweise auf dem Real-Markt-Parkplatz in Eggenfelden haben kann, wenn man von Hansis Gang umzingelt ist. Dieser Hansi ist ein Primat von der Statur eines Orang Utans, genauso spielt Fitz ihn und ein paar seiner Artgenossen. Etwa diese Männer, die in der Disco gern mit dem Satz „Hosd Du a Broblem?“ zu einer zünftigen Schlägerei einladen.

Er gibt unumstößliche Grundlagen bayrischer Mannwerdung bekannt: „Drei Dinge san wichtig: Erster Rausch, Führerschein und Unfall bauen mit’m Rausch“: Er macht mit einem Satz den Unterschied zwischen Partys in der Stadt und auf dem Land klar: Auf dem Land gilt: „Man kann auch saufen, ohne Spaß zu haben“. Der Bursche schlüpft dabei in schnellem Wechsel treff- und stilsicher in zahlreiche Rollen, beweist sich so nebenbei noch als ziemlich gewiefter Rock’n’Roll Pianist und als Parodist allzu schwülstiger Filmmusiken: „Hansi der Zerstörer, steht da wie ein Baum. Macht ihm Platz, er muss jetzt töten, er hat heut schlechte Laun’“ singt er hoch pathetisch, während die dräuenden Akkorde unter seinen Händen auf- und abschwellen. Sekunden später legt er eine extrem sportliche Performance auf die Bühnenbretter. Allein schon, wie er umfällt, ist sehenswert. Das Publikum allerdings ist ihm in Sachen Schlagfertigkeit durchaus ebenbürtig. Auf die Frage: „Wie heißt dann in Ettlingen die Disco, wo ma sagd, do mussd hi?“ kommt wie aus der Pistole geschossen: „Rathaus“.

Auch in den USA gibt es „Land“. Das erfährt er als Austauschschüler in Mannheim, Pennsylvania, 500 Einwohner. Da ist nichts von New York und Rockstar-Athmosphäre, wo der doch eigentlich hin wollte. Die Gastmutter eine „Kreuzung aus Mrs Doubtfire und Maggie Thatcher“, der Vater ein Italiener, der nicht mal Pizza backen kann. Seine Amis geraten ganz ähnlich wie seine Niederbayern: Plastisch, drall und doof. Hintereinander weggespielt wirken sie wie siamesische Zwillinge, kurz nach der Geburt getrennt. War als o nix mit Rockstar. Zurückgekeht aus den USA versucht er es mit einem BWL Studium. Dass ihm das nicht liegt, dafür braucht es wenige Worte, eigentlich nur eines: Allein wie er das Wort „Infinitesemalrechnung“ zerkaut, durchkaut, ausspuckt, verächtlich macht, ist eine Glanznummer für sich. Die Betriebswirtschaftler, sagt er , benutze er jetzt nur noch zum Rollenstudium. Auf der Schauspielschule angekommen, stellt er fest: Da lernt man endlich was Sinnvolles, was fürs Leben: „Da bekommt man so Anweisungen wie: jetzt atmen wir einfach mal ins linke Knie!“. Wenn das die entscheidende Voraussetzung für die Geburt eines wirklich unterhaltsamen, nie peinlichen und ganz selten platten Comedians ist, dann muss er ziemlich lange und inbrünstig ins linke Knie geatmet haben.