„Ich bin die Urmutter“ Eine Begegnung mit Joy Fleming

Joy Fleming beantwortet sogar Fragen, die ihr gar niemand gestellt hat: „Ich mag des ned, wann mer mich immer frogt; wie singt dann die Lena, was macht die? Was soll ich damit, ich kenn‘ die Fraa garnet“. Soviel zum Thema neues deutsches Fräuleinwunder. Jetzt zu den ernsten Themen. Joy Fleming braucht nicht viel: Sie kommt mit ihrem kleinen Schminkköfferchen reingerauscht, ein Blick in den mitgebrachten Spiegel, fertig. Maske vor der TV-Aufzeichnung? Fehlanzeige. Sie hat ja ihre Stimme dabei, das reicht. Joy Fleming, wie sie leibt und lebt. Am Donnerstagabend war sie im bei der Aufzeichnung der „Deutschen Schlager Hitparade“ in Alten Event Fabrik Waldbronn-Neurod zu Gast und stellte Titel aus ihrer neuen CD „So bin ich“ vor.

Der Titel ist Programm. Egal wo sie auftrete, ob mit Band live, ob in TV-Sendung – wenn es sein muss auch mal Playback – oder auf Galaabenden: „Ich bin so geblieben wie ich bin, ich sing‘ meine Musik, ich mach mein Ding. Da hab‘ ich lang gekämpft dafür“. Es mache ihr nichts aus, für ganz verschiedene Anlässe gebucht zu werden, denn „die Leute erwarten immer das, was ich mache“. Aber natürlich seinen die Live Auftritte mit der Band das schönste. Platten produzieren im Hause Fleming geht relativ unkompliziert vonstatten. Seit 20 Jahren gibt es Studio, Musikverlag und Plattenfirma unter einem Dach. Produzent ist ihr Gitarrist Maher Fladung. „Wir setzen uns zusammen, der schickt dann Titel, und wenn mir das gefällt mache ich es“. Und wenn es ihr nicht gefällt? „Dann sage ich nein“ Aber „der weiß, was zu mir passt“. Manchmal lässt sie sich auch davon beeinflussen, was die Fans von ihr erwarten. Auf dem neuen Album hat sie „Halbblut“, ihre deutsche Coverversion des Cher-Hits „Half Breed“ noch einmal aufgenommen: in einer „aufgemoppelten“ Bearbeitung, wie sie es nennt..

Eigentlich steht Joy Fleming vor allem für das Un-Aufgemoppelte, das Bodenständige. Einer ihrer größter Hits war der „Neckarbrückenblues“, eine Hommage an den Mannheimer Dialekt. „Ich bin die Urmutter“ sagt sie. Alle anderen Dialektsänger hätten nur aufgegriffen, was sie vorgemacht hat. Die Marianne Mendt in Österreich, die sei schon gleichzeitig da gewesen, aber der Fleming’sche „Neckarbrücken Blues“, das sei doch urwüchsiger gewesen. Joy Fleming versteht sich durchaus in gewisser Weise auch als Botschafterin des kurpfälzischen Dialekts: „wann ich redd, aber net beim Gsong“. Dialekt ist eben nur eine Seite der vielseitigen Joy: „Das ist ja das Kuriose, man spricht in seinem Heimatdialekt, singt aber dann perfekt auf Hochdeutsch oder auf Englisch“. Und überhaupt: „Des ist jetzt net so, das du was im Dialekt singsch, unn‘ es is‘ audomadisch doll“.

Was immer „toll“ sein muss, ist die Stimme. Die verändere sich nicht , sagt die mittlerweile 66jährige, die werde allenfalls reifer. Sie probe jedenfalls jeden Tag, mindestens eine halbe Stunde lang, manchmal bis zu drei Stunden, gerade wenn Konzerte mit der Band anstehen. Ansonsten gelte: „Viel schloofe, nedd raache, nedd saufe. Wisse‘, dass mer die Stimm‘ braacht, un‘ die muss mer immer pflege“.

Gepflegte Stimmen vermisst sie in der heutigen Popszene. Womit wir wieder beim Grand Prix respektive European Song Contest wären: „Die Musik im Moment ist net so mein Ding… des is alles so gepuscht“. Um sie zu begeistern, müsste mal jemand kommen „wo mer sagt: oh, leck mich am Popo, der is‘ aber geil“