Thriller mit Umweltschutzfaktor

Krimitage: Michael May und Nicola Förg lasen aus „Wütende Wölfe“, Kammertheater, Karlsruhe, 30.3.2019

Die Irmi Mangold, das ist eine ganz patente. „Die hat schon einen Freund, aber der ist verheiratet. Immer, wenn sie ihn braucht, kommt er. Aber dann ist sie ihn auch wieder los. Das ist mir sehr sympathisch“. So stellte die Schauspielerin Michaela May am Samstagabend im Kammertheater die Kommissarin vor, die ihre Freundin, die Bestsellerautorin Nicola Förg erfunden hat. Die Irmi Mangold ernittelt in ihrem zehnten Fall „Wütende Wölfe“ auf einer Alm, obwohl sie eigentlich im Sabbatical ist und ihre Ruhe haben will. Aber dort geraten Tiere in Panik: War ein Wolf unterwegs? Kurz darauf wird eine Frau von einer Kuh überrannt, und dann gibt es einen Toten, und noch einen Toten…

Luise Manner ist die Gastgeberin der Kommissarin auf dieser besonderen Projektalm. Nicola Förg beschreibt die erste Begegnung der beiden Frauen als einen Moment gegenseitiger Sympathie auf den ersten Blick. Die Irmi weiß: Sie ist „ein Madl aus den Bergem und für die Berge“, die Lusie Manner ist, so stellt sie fest, gottseidank weder eine vegan bewegtre Lehrerin noch ein zimperliche Jurastudentin mit unpassendem Schuhwerk noch eine Schriftstellerin auf Recherche. Und wenn man Nicola Förg und Michaela May da so sitzen und sich die Bälle zuspielen sieht und hört, könnte man sich die beiden gut als Darstellerinnen in einer Verfilmung des Romans vorstellen. Der zunehmend grusliger wird. Aber parallel zum steigenden „Thriller-Faktor“ jubelt die Autorin dem Leser und Zuhörer ihr Anliegen geschickt via Mordermittlung unter. Schon durch den Schauplatz: Diese Alm beherbergt ein Forschungsprojekt, das unter anderem zwei Fragen nachgeht: wie kommen Kühe aud dem Laufstall hier als „Gastgraser“ zurecht? Welchen Einfluss hat das Gras der Almwiesen auf die Milchqualität? Zwischen durch erklärt sie uns Städtern im weichen Theatersessel Dinge, die wir vielleicht noch nicht wissen. Oder nicht wissen wollen. „Wenn Kühe nur noch in Laufställen stehen und nicht mehr auf die Alm getrieben werden, dann wachsen die Almen zu. Dann kommen sie eines Tage nur noch mit der Machete durch.“

May und Förg lesen die Dialogszenen mit verteilten Rollen, und das ist in den besten Momenten schon fast Hörspiel. Da tummeln sich einige Figuren, die ziemlich lebensecht sind – oder sind das vielleicht nur Karikaturen aus dem Kabarett? Ein Gutteil des Personals steht prototypisch (und auch ein wenig klischeehaft) für die Bewahrer und die Zerstörer. Jedenfalls erweckt Michaela May einen Herrn Kotz beim Abkotzen so richtig zur urbayrischen Wutwurst: „Eich wird eier Projekt bald vergeh‘n, dofür sorg I“, knöttert der und schiebt später noch zum Thema Wolf hinterher: „A Wolf is a Bestie, der g‘herd ned hierher!“ Man sieht vorm geistigen Auge einen Wurstfinger wütend wippen. Hat dieser Herr Kotz was mit der ganzen Sache zu tun? War überhaupt ein Wolf in der Gegend? Fragen, die Autorin und Schauspielerin natürlich nicht beantworten, sondern stattdessen zur Signierstunde am Büchertisch bitten.