Was macht Ihr, wenn Ihr mal älter seid?“

Mani Neumeier und Guru Guruim 54. Jahr der Band

Hans Reffert, der 2016 verstorbene Guru Guru-Gitarrist hat seinen jahrzehntelangen Freund und musikalischen Wegbegleiter, den Trommler Mani Neumeier, einmal so beschrieben. „Seine Lebensphilosophie war sehr einfach: Alle verfügbaren Klänge unseres Universums sind brauchbar“. Das fing schon vor der Gründung der Band im Jahr 1968 an. Neumeier spielte mit dem späteren Guru Guru-Bassisten Uli Trepte und der Pianistin Irène Schweizer. „Wir waren an vorderster Front und haben den europäischen Free Jazz mit erfunden“, erzählt Neumeier.

Guru Guru hatten etwas anders vor. Ihre Musik, oft als Krautrock etikettiert, erschuf einen eigenen Kosmos, der das anarchische des Free Jazz ins Rock-Universum transformierte. „Da schwebte man da zwischen Hendrix, Pink Floyd und Stockhausen“. Südafrikanische, afrikanische und indische Musik fand immer wieder ihren Weg in die Songs. „Manchmal nenne ich es Psychedelic World Beat. Aber das ist ja nur ein Wort. Für mich ist Musik horizontal und vertikal. Horizontal steht für das rhythmische, vertikal ist das melodische. Wenn der Groove stimmt, ist die Hälfte schon gewonnen“.

Mani Neumeier ist die einzige Konstante der Band, die über 40 Tonträger veröffentlicht hat und in der bislang 38 Musiker gespielt haben.. „Jemand hat geschrieben, ich würde Musiker auswechseln wie der Zappa. Aber ich habe das immer nur notgedrungen gemacht. Am Anfang musste Uli Trepte raus, weil er plötzlich alles übernehmen wollte. Andere wurden krank oder machten eine eigene Band auf. Mit wieder anderen hat es sich einfach „ausgespielt“.     

Bassist Peter Kühmstedt ist seit 1977 dabei, Multiinstrumentalist Roland Schaeffer seit 1975. 

Hans Reffert war seit den 80er-Jahren immer mal wieder an Bord und für Neumeier einer der wichtigsten Weggefährten. Sein Tod war eine Zäsur. „Das war ganz schlimm. Wir waren monatelang fertig und dachten: Bringt’s das jetzt überhaupt noch? Aber wir sagten uns: Wir müssen doch für den Hans spielen, sonst ist der da oben im Himmel sauer, dass wir aufgeben“.

Nach der Interimslösung mit dem Gitarristen Jan Lindqvist ist der jüngste Neuzugang Keyboarder Zeus B. Held. Er hatte seine erste Karriere in den 70er-Jahren als Organist von Birth Control, wurde später international erfolgreich als Musiker und Produzent von elektronischer Musik, Pop und Dance. Bei Guru Guru bringt er eine neue Klangfarbe ein. „Die alten Stücke klingen auch gut, und man kann mit ihm reden, wenn was nicht so gut ist“, konstatiert Mani Neumeier.

Auf der Bühne weht auch im Jahr 54 der Band immer noch der Geist der Hippie-Kommune, die sie einst war: Improvisation ist ein Teil der Faszination der Band: „Wir können uns aufeinander verlassen. Wenn mal `ne Gurke drin ist, dann spielen wir eben drüber weg. Manchmal entstehen so auch Sachen die ganz gut sind, die man dann beibehält.“

Guru Guru erspielen sich Ihr Publikum nach wie vor auf den Bühnen der Clubs. „Da kommen immer mal normale Ehepaare, 50 oder 60 Jahre alt“, freut sich der Drummer. „Die haben uns noch nie gehört und sind beim ersten Mal angetörnt. Mein Charisma trägt dazu bei, das ich den Letzten noch hinterm Ofen hervorhole, obwohl ich ja garnicht groß den Kaschperl mach’. Aber irgendwie habe ich einen guten Draht zu den Leuten!“

An Silvester wird Mani Neumeier 82, die ersten Stücke für ein neues Album sind bereits aufgenommen und die Tour geht weiter. Dann wird auch wieder der unvermeidliche, brüllend komische „Elektrolurch“ aufgeführt, der mit der selbstverständlich rhetorischen Frage endet: „Und was macht ihr, wenn Ihr mal älter seid?“.