The Geese And The Ghost

Esoteric Recordings / VÖ: 25.5.2018. Originalveröffentlichung 1977

Die Wiesen so grün

Welch eine Ironie: Ausgerechnet 1977, als Punk in England wütet, bringt ausgerechnet der Ex-Gitarrist der mittlerweile verpönten Progrock-Dinosauriere Genesis ein ausgerechnet leises, verschnörkeltes, verspieltes Album heraus, unterstützt von seinen ehemaligen Bandkollegen Phil Collins und Mike Rutherford, der auch an einigen Kompositionen mitwirkt. Die akustischen Gitarren dominieren – vor einem üppig orchestrierten Hintergrund. Anthony Philipps selbst spielt dabei mehr als ein Dutzend Instrumente.

Das Cover mit seiner pastoralen Landschaftsmalerei verspricht, was die Musik hält. Musik, die aus einer anderen Zeit zu stammen scheint und von anderen Zeiten erzählt. Die sich meditativ dahinschlängelt, selten aufbrausend, höchstens feierlich ist wie im zentralen Historiendrama „Henry: Portraits from Tudor Times“. Hört man das nach fast 40 Jahren wieder, kann man nachvollziehen, wie wichtig Phillips für die Musik des Genesis Albums Trespass war. Aber auch, dass die Band mit ihm vermutlich nie durchschlagenden kommerziellen Erfolg erreicht hätte. Apropos: Mehrfach ist Phil Collins hier als Leadsänger zu hören, man ahnt den späteren Balladenkönig. Der von ihm gesungene Silver Song plus B-Seite – auf der zweiten CD enthalten – hatten kommerzielles Potenzial, wurden von der Plattenfirma seinerzeit aber nicht veröffentlicht. Der Rest des Bonusmaterials besteht vorwiegend aus den Basic Tracks des Albums, was nur für eine kleine radikale Minderheit von Belang ist. Dazu gibt es auf der dritten CD den 5.1. Surround Mix plus ein Booklet, das faktenreich die mit vielen Hindernissen gespickte Entstehungsgeschichte des Albums erzählt.

7/10