Second-Hand-Prog aus Polen

Riverside im Substage, Karlsruhe, 27.3.2013

Fünf Alben haben die polnischen Vorzeige-Rocker Riverside inzwischen auf dem Markt, aber beim Konzert im Substage am vergangen Mittwoch starten sie selbstbewusst mit neuem Material.

Das ist immer ein gutes Zeichen: „New Generation Slave“ klingt wie eine Ouvertüre für ein epochales Werk – und auch wenn an diesem Abend nicht ausschließlich Songs aus dem aktuellen Album „Shrine Of New Generation Slaves“ gespielt werden, so hat das gesamte Konzert doch die musikalische Anmutung eines bedeutungsschwangeren Konzeptalbums mit der handelsüblichen Auslegeware eher konventionellen Progressiv-Rocks. Da dräut klassisches Hard-Rock-Riffgebolze als Grundsubstanz, da gibt es ganz fette Orgel-Klänge, naturidentische 70er-Jahre-Orgel-Gitarren-Riffwände. „Living In The Past“ ist so ein Ding, bei dem ziemlich alle Geister vergangener Clasic-Rock-Großtaten aufgefahren werden, ständige Richtungswechsel inklusive. Das hat zwar Charme, hört sich aber über weite Strecken an wie günstig gebraucht gekauft. Unspektakuläres Kunsthandwerk sind die meisten Komposition, die aber mit Verve, Inbrunst und engagiertem Blick vorgetragen werden. Vor allem von Sänger und Bassist Mariusz Duda.  Was Wunder bei Songtiteln wie „The Depth Of Self-Delusion“. Da darf auch einmal ein Gang zurückgeschaltet werden, und schon kommt etwas Transparenz in den überladenen Sound. Es sind diese Momente, in denen der Porcupine Tree Fan einen Hauch dessen wehen hört, was er so liebt. Allerdings mit weniger Subtilität und vor allem nicht mit dem Swing und der Leichtigkeit, mit der die Mannen um Steven Wilson selbst schwerste Metal-Bretter zu bohren imstande sind.

Wie man Progressive-Rock auch definieren kann, zeigt zuvor eindrucksvoll die Vorband Nummer zwei: Jolly stammen aus New York und nennen als Einflüsse unter anderem Tears For Fears und Radiohead. King Crimson dürften sie auch schon mal gehört haben. Man kann ihnen jeden falls nicht den Vorwurf machen, sie seinen dem Zuckerbäcker-Progrock verfallen. Das verhindern schon ihre „modernen“ Gitarrensounds, aus denen sich beim besten Willen kein Lebkuchenhäuschen bauen lässt. Ihre Musik ist mal melancholisch, mal schroff – und wenn es um bewährte Genre-Muster geht, greifen sie allenfalls auf bekannte rhythmische Strukturen zurück. Wenn man sie unter „Intelligenz-Pop mit Hang zu asymetrischen Rhythmen“ bezeichnen würde, sie wären wohl kaum beleidigt. Vorgruppe Nummer eins, Dianoya spielt verschachtelten Riff-Prog. Eher zum mitrechnen als zum Zuhören. Das merkwürdigste allersidngs: Ihr Sänger wirkte, als sei er eben erst zur Band gestoßen und suche passende Melodien. Er sollte sie nicht finden.