Rolling Stone – 1000 Cover

„Als das Magazin 1967 startete, verstand ich nicht, wie wichtig ein Cover war, und all die Dinge, die es bewirken konnte. Es definiert nicht nur die Identität eines Magazins, sondern bestimmt größtenteils den Verkauf und verleiht zudem der Person auf dem Cover einen besonderen Status“. Weise Worte von Jann S. Wenner, Gründer und Herausgeber des Rolling Stone. Große Worte dann auf Seite 5 des 567 Seiten dicken, zwei Kilogramm schweren Wälzers: „Seit fast vier Jahrzehnten gibt es kein deutlicheres Zeichen , das die Ankunft eines Künstlers oder einer Persönlichkeit ankündigt, als eine Abbildung auf dem Cover des Rolling Stone“. Nun gut, der Künstler, der das Cover der Nummer eins ziert, war schon da: John Lennon – umgeben von Bleiwüste. Das sollte sich ändern. Bald nahmen die Fotos den ganzen Raum der Frontseite ein, ab Februar 1973 wurden sie farbig. Selbstredend ist die komplette Dokumentation der (originalen amerikanischen) Rolling Stone Covers mehr als ein bunte Bilderbuch zum Blättern: 40 Jahre Zeitgeschichte, 40 Jahre Rock’n’Roll, 40 Jahre Politik aus einem (weitgehend) ideologiefreien journalistischen Blickwinkel. 40 Jahre Versuch der Einordnung popkultureller Phänomene und gesamtgesellschaftlicher Zusammenhänge. Das Buch liefert zu den Titelfotos Appetithäppchen, die Schlaglichter auf die porträtierten Persönlichkeiten werfen. Schon früh blitzt der durchgehende Kanonisierungs-, Heiligsprechungs- und Listenerstellungswahn auf. Das steht zu einem Titelbild von 1976 „Janis Joplin gehörte zu der ausgewählten Gruppe schillernder Popfiguren, die selbst so bedeutungsvoll waren wie ihre Musik. Unter den amerikanischen Rock-Künstlern stand sie an zweiter Stelle nach Bob Dylan, was die Wichtigkeit der Schöpfung / Veröffentlichung /Verkörperung der Geschichte und Mythologie ihrer Generation betraf“. Ach, tatsächlich? Im Rolling Stone werden die Journalisten selbst zu Stars – was dem Journalismus nicht gut tut. Schon die Häppchen in diesem Buch künden davon: Da will Billy Idol 1985 unbedingt aufs Rückcover. Der Autor der zugehörigen Geschichte entblödet sich nicht, eine halbe Seite diesen idiotischen Dialog wiederzugeben. Aber so kennen und lieben wir ihn, unseren Rolling Stone, den amerikanischen (und letztlich auch den deutschen). Ein anregendes Bilderbuch werfen die 40 Jahre allemal ab, dessen Genuss umso reueloser ist, je mehr man ihn in dem Bewusstsein zelebriert, dass auch der Rolling Stone nur ein Popmusikblättchen mit ein paar ganz begabten Schreibern ist. Die gelegentlich mit seherischen Fähigkeiten ausgestattet, gelegentlich von zweifelhaftem Geschmack sind. Nicht mehr und nicht weniger.

567 Seiten, ca. 1000 farbige und schwarz-weiße Abbildungen. Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2007, 567 Sieten, 49.90 €