The Visitor

SPV / VÖ: 29.5.2009

Originalgetreu gefälscht

Ein paar Sekunden schlurft Vinnie Moore mit einem Gitarrenlick heran, das signalisiert: Hier könnte es sumpfig und bluesig werden. Und genau das passiert auf auch immer mal wieder: Die Herren wissen, wie man einen Gang zurückschaltet. Was nicht heißt, dass sie nun etwa zahm geworden wären. Die Mittel, den Zuhörer in der Seele zu erschüttern sind vielfältiger geworden, und im Vergleich zum reichlich belanglosen Vorgänger The Monkey Puzzle ist The Visitor ein Quantensprung an Emotion, Tiefe und songschreiberischen Qualität darstellt.

Wie weggeblasen der zuletzt spürbare Drang zu ewiger Jugend, und doch kommt nach den ersten 60 Sekunden ein stolz marschierendes Riff, über dem Phil Mogg eindringlich bittet, gerettet zu werden. Auf dem Album geschehen Zeichen und wunder: Das swingt und groovt der sonst so rumpelige Andy Parker, als hätte er heimlich Schlagzeugunterricht genommen, und der oft als gesichtsloser Fuddler verschriene Vinnie Moore spielt sich hat sich endgültig aus dem übermächtigen Schenker-Schatten heraus, und dabei so songdienlich wie nie zuvor, dazu noch mit einem erdigen und direkten Sound. Man höre als Reverenz das dramaturgisch ausgefeilte Solo in ›Stop Breaking Down‹, das immer wieder innehält, sich vortastet, um dann für Sekunden zu explodieren: Die hohe Schule des strukturierten Orgasmus. Selbst das eher UFO-typische hart treibende ›Hell Driver‹, in dem Mogg sich auf seine Lieblingsrolle als streunender Köter einschießt, lässt die Band nicht in Angeberposen verfallen, und sei die Versuchung noch so groß. Aber es kommt noch besser: Mit «Can’t Buy A Thrill schaffen sie gar die Wiederbelebung der düsteren Atmosphäre, die die besten Songs von The Wild The Willing and The Innocent durchzog. Das ist Phil Mogg auf Dienstgipfelhöhe. Der Mann, den nachts im Dickicht verregneter Städte zwischen dampfenden Gullys der Blues einholt. »Jeder, der sich schon lange mit UFO beschäftigt hat, wird unsere charakteristischen Erkennungsmerkmale finden, und jeder, der die Band neu entdeckt, wird Freude an unserem Enthusiasmus und der dynamischen Kraft haben“ hat Phil Mogg auf der Bandhomepage verlautbart. Er hat untertrieben. Die CD ist ein Klassiker, und das mit Peter Pichl (Running Wild, Nektar, Uli Roth) statt Pete Way am Bass!

10/10