Golden Earring (2013) Das letzte Album

Golden Earring (2013) Das letzte Album

Besser als die Stones

Als Gitarrist George Kooymans und Bassist Rinus Gerritsen 1961 in Den Haag „The Tornados“ gründeten, die sie ein Jahr später zunächst in The Golden Earrings, dann in Golden Earring umbenannten, hätten sie sich wohl nicht träumen lassen, das die Band 50 Jahre später noch immer existieren würde – und das seit 1970 in der gleichen Kernbesetzung mit Sänger Barry Hay und Drummer Cesar Zuiderwijk. Das Tempo allerdings ist langsamer geworden bei den Mittsechzigern: Tits’n Ass ist das erste reguläre elektrische Studioalbum seit neun Jahren.

Es habe keinen Streit in der Band gegeben, wiegelt George Kooymans gleich ab, und »das Gefühl, es könnte das letzte Album sein, hatten wir nie«. Die Zeiten hätten sich einfach geändert. Früher schrieb man schon auf Tour fürs nächste Album, der Druck war größer. Immerhin ist seit Millbrook USA (2003) mit Naked III (2005) das dritte Unplugged-Album erschienen, und 2006 demonstrierte Live in Ahoy in Ton und Bild, dass die Herren immer noch eine nationale Institution sind. George Kooymans hat zudem 2010 mit dem amerikanischen Gitarristen und Sänger Frank Carillo ein wunderbar trockenes, roots-rockiges Album gemacht. Mehr ansehen

Golden Earring (2016)

Golden Earring (2016)

Eine holländische Rock-Institution gab sich die Ehre

Golden Earring, Badnerhalle, Rastatt, 2.9.2016

Es gibt einen Witz, der kurzgefasst so geht: Irgendwo in einem warmen Land ist jemand vollkommen genervt von nächtlicher Trommelei, und möchte der ein Ende setzen. Bis ihm ein Einheimischer rät: „Bloss nicht, dann würde etwas Schreckliches passieren!“ „Was?“ fragt der Genervte zurück und bekommt die Antwort „Bass-Solo!“. Bei Golden Earring gibt es beides, in umgekehrter Reihenfolge. Wenn Bassist Rinus Gerritsen faltigen Gesichtes an den Saiten seines doppelhalsigen Instrumentes rupft und zerrt, nervt es dennoch nicht. Weil man es als Pose und Parodie auf Rock’n’Roll-Energieüberschuss der frühen 70er Jahre betrachten kann, der dieser nationalen niederländischen Institution damals selbst in den USA Erfolg bescherte. Auch als Ritual ist das Bass-Solo unverzichtbar in diesem seltenen Deutschlandkonzert in der Rastatter Badnerhalle.   Mehr ansehen

Goldt, Max (2020)

Goldt, Max (2020)

Weder entlarven noch sezieren

Max Goldt im Tollhaus, Karlsruhe, 14.1.2020

Der Teufelsaustreiber in Sachen Sprache für die vermeintlich, nein: vermutlich gebildeten Stände, Bastian Sick, hat einmal Udo Jürgens für seine „nicht weniger als 19 Konjunktivformen in einem schlichten Liebeslied von dreienhalb Minuten Dauer“ gepriesen, und bei Max Goldts virtuoser Handhabung des Konjunktivs möchte man wähnen, er spränge (sprünge?) gleich aus den Kulissen, um ihm den Udo-Jürgens-Orden für nicht gesungene Konjunktiv-Verwendung anzuheften. Kürzlich hat Goldt in einem viel zitierten Interview verkünden lassen, er gehe nur äusserst selten zu Lesungen, wegen der dabei anfallenden Trivialitäten wie „fürchterliche Ansagen und Podiumsgespräche“. Ein Erfolg dagegen sei eine Lesung, „wenn die Leute ganz konzentriert zuhören und anschliessend fest und lang applaudieren“.Mehr ansehen

Gong

Gong

Radio Gnome Invisible Trilogy ( Compilation / Re-Release)

BYG Records / VÖ: 18.12.2015

Gong – die multinationale musizierende Hippie-Kommune, waren von Anfang an nie eine gewähnliche Rockband. Mojo-Autor Marc Paytress beschreibt sie in seinem ausführlichen erhellenden Essay, das Teil des Booklets ist, als eine Band, die ihre Einflüsse aus dem Jazz, Psychedelia, der Avantgarde, sogar Music Hall bezog. Mehr ansehen

Gotthard (1999)

Gotthard (1999)

Solides Handwerk

Gotthard in der Festhalle Karlsruhe-Durlach, 23.4.1999

Es muß eine Renaissance der achtziger Jahre geben, alle Anzeichen sprechen dafür: Die Menschen wollen wieder schreckliche Popmusik a la Pet Shop Boys hören. Das macht uns Angst. Nun haben aber jüngst zeitgleich die Kritikerpäpste vom deutschen Rolling Stone, die unter dem Motto schreiben „alles gehört, nix begriffen“, eine Renaissance des Hardrock ausgemacht, sehr zu ihrer Beunruhigung. Das wiederum macht uns alten Luftgitarrenschwingern alles andere als Angst. Mehr ansehen

Great White

Great White

Back To The Rhythm

Frontiers / VÖ: 17.7.2017

Great White sind die Rolling Stones des Hardrock: Sie schreiben erdverbundene, einfache Songs und spielen sie im Studio ein, als hätten sie sie vielleicht gerade einmal geprobt. Arrangementfinessen sind dieser amerikanischen Band auch in ihrem 25. Existenzjahr völlig fremd, Gitarrensoli sind Pflicht, aber Überlänge ist streng verboten. Mehr ansehen

Greatest Show On Earth, The

Greatest Show On Earth, The

 Horizons / The Going’s Easy

Esoteric Recordings / VÖ: 26.11.2012 (Originalveröffentlichung beide 1970)

Verkannte Erfinder

Die Kernbesetzung der englischen Truppe hatte ihre Live-Erfahrungen vor der eigentlichen Bandgründung als Backing-Group für amerikanische Soulsänger gemacht. Aus diesem Humus schöpft die Band auch noch nach dem Einstieg ihres Landsmannes, des Sängers und Flötisten Colin Horton-Jennings, erweitert die Kernkompetenzen aber deutlich.Mehr ansehen

Grebe, Rainald (2020)

Grebe, Rainald (2020)

Rainald von Münchhausen, der Verwirrende

Rainald Grebe mit dem „Münchhausenkonzert“ im Tollhaus, Karlsruhe, 22.2.2020

Rainald Grebe, das ist diese irritierende Bühnenfigur, bekannt für illusionslose Hymnen auf desolate Bundesländer, der früher mal mit langem abnehmbarem Bart aus Dichtungshanf, ein anderes Mal mit Indianer-Kopfschmuck auftrat. Heute kommt er in einem schwerem, rotem Königsmantel mit Lichterkette auf dem Kopf in den Saal, als wäre gerade Weihnachten und Karneval gleichzeitig. Da schon fängt das Spiel mit verdeckten Karten an: Was soll das? Warum tut er das? Ah: Vermutlich der Baron von Münchhausen!Mehr ansehen

Grimm, Georg (2015)

Grimm, Georg (2015)

Mit vier Saiten um die Welt

53 Jahre auf der Bühne: Der Wahl-Karlsruher Bassist Georg Grimm

Notiz: Georg Grimm ist eines der vielbeschworenen „Urgesteine“ der Karlsruher Musikszene. Ein Mann, der voller Geschichten ist und sie auch erzählen kann, der eigentlich so langsam mal in die Pötte kommen sollte mit einem Buch seiner Erinnerungen. Ich habe selbst ein paar Jahre lang mit ihm in einer Band gespielt, und von daher war es mir ein Vergnügen,  nach unserer gemeinsamen aktiven Zeit dieses Porträt zu schreiben, das 2015 in den BNN erschien. Here we go….

„Es war wie in vielen Bands: Da gab’s Gitarristen, einen Schlagzeuger, und dann hieß es: Wer macht jetzt Bass? Ich hab‘ gesagt: Okay, ich probiere es mal“. So kam Georg Grimm zu seinem Instrument – und mit dem stand er bei seinem ersten Profi-Engagement 1962 in Bochum auf der Bühne. Der Beat hatte die deutsche Jugend infiziert, und die Silver Strings hatten ein Engagement, dass jedem Musiker 1200 Mark im Monat einbrachte. Georg war einfach von zu Haus abgehauen, ohne die notwendige Erlaubnis seiner Eltern einzuholen, und „mein Vater war Lokfüher, der hat 800 Marl verdient. Der konnte es überhaupt nicht fassen, dass man mit ‚Negermusik‘ so viel Geld verdienen kann“. Mehr ansehen

Grobschnitt (2008)

Grobschnitt (2008)

Wir sind die Sonne

Grobschnitt, Festhalle Karlsruhe-Durlach, 26.4.2008

Darf man Leute ernst nehmen, die sich bei der Ausübung ihres Berufes Willi Wildschwein, Toni Moff Mollo oder Admiral Top Sahne nennen? Darf man natürlich nicht. Aber unter der Voraussetzung, dass man sie nicht ernst nimmt, kann man ziemlich viel Spaß haben bei einem Grobschnitt-Konzert. Etwas enttäuschende 650 Fans sind zu einem der Reunion- Konzerte der Legende aus der einstigen Popmetropole Hagen in die Durlacher Festhalle gekommen, und es ist wie damals an gleicher Stelle in den 80ern: Die Gemeinde huldigt ihren Göttern. Sprich: Der Ungläubige wird kaum bekehrt werden, der Gläubige wird in der Darbietung der 2007 nach 18 Jahren Pause wiederbelebten Band alles finden, was er zur Ausübung seiner Religion braucht, Schall und Rauch zuvörderst.

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