Neigel, Julia (2010)

Neigel, Julia (2010)

Über den Tellerrand hinausgesungen

Julia Neigel im Kammertheater, Karksruhe, 27.12.2010

Dass man einen Pop-Hit, der wahrlich nicht für die Ewigkeit geschrieben war, über zwei Dekaden nach seiner Entstehung noch am Leben erhalten kann, indem man ihm die Plastikverkleidung vom Leib reißt und ihn ganz in Mahagoni neu aufbaut, ist eine der Erkenntnisse diese Abends im ausverkauften Kammertheater.Mehr ansehen

Neigel, Julia (2010)

Neigel, Julia (2010)

Mehr als eine Sängerin

Julia Neigel im Bürgerhaus Malsch,, 6.11.2010

„Ich bin da“ heißt der erste Song am vergangenen Freitagabend auf der Bühne des Bürgerhauses Malsch. Und wie sie da ist: Julia Neigel. die Hexe, die Furie, die Teufelin, die Tänzerin, Schmeichlerin, Brüllerin. Schlange und Schlangenbeschwörerin gleichzeitig. Das braucht wirklich keine drei Minuten, und die Frau hat klar gemacht: ein gelungener Auftritt ist mehr als gut singen. Das kann sie sowieso. Aber diese (gelegentlich etwas übermotivierte) theatralische Bühnenpräsenz ist es, die die Zuhörer vom ersten Moment an in den Bann schlägt.Mehr ansehen

Nektar

Nektar

Time Machine

Cleopatra / H’ART / VÖ: 18.6.2013

Roye Allbrighton, Mastermind von Nektar, ist der festen Überzeugung, es handele sich bei Time Machine um das beste Album seiner Band. Das ist natürlich übertrieben. Aber es dürfte das beste Nektar-Album des 21. Jahrhunderts sein. Nicht nur, weil es bei Billy Sherwood (ex-Yes) produziert wurde, der auch Bass gespielt hat. Der hat einen weiträumigen Sound geschaffen, der Allbrightons charakteristischer Stimme Raum lässt, und gleichzeitig die Reminiszenzen an die 70-er Jahre -Nektar geschickt im etwas unterkühlteren Gesamtklangbild aufblühen lässt. Dabei entfaltet sich eine überraschende Bandbreite: Der Titelsong nimmt Bezug auf das unterschätzte 80-er Mainstream-Album ›Man In The Moon‹, lässt aber auch ein klug aufgebautes Gitarrensolo zu, ›Juggernaut‹ swingt gerade soviel, wie Progressive-Rocker eben swingen können und neigt sich dan konventionellem Jazz-Rock zu. Die etwas überinstrumentierte Ballade ›Talk To Me‹ kippt schon leicht in den Kitschtopf und ›Set Me Free, Amigo‹ ist gar ein peseudomexikanischer Barschlager, mit Witz und Ironie inszeniert. Das Album als Ganzes ist nicht der große Wurf, zu irrlichternd und zerfahren sind gerade die längeren Songs, aber es gibt viele Details, in denen Nektar ihr Stärken fein und selbstbewusst inszenieren.

7 1/2 /10

Nena

Nena

Nena und Claudia Thesenfitz

Willst Du mit mir gehen

Um wie viel ärmer wäre die Welt ohne dieses Buch: „Ich bin immer wieder fasziniert davon, was so alles in ein einziges Leben reinpasst“ lässt sich Nena zitieren. Claudia Thesenfitz ist auch völlig fasziniert davon, also hat sie es im Auftrag des Verlages aufgeschrieben. In Lila. Gut, da tun die Augen nach ein paar Seiten weh. Manchmal wird die Biografin fast inkontinent angesichts der Tatsache, dass Nena persönlich sie anschaut. „Ich schaffe es kaum, ihr in die Augen zu gucken, weil ich innerlich jedes mal ein bisschen zusammenzucke“. Da tut dann schon das Hirn des Lesers weh. Aber man erfährt ja dafür auch, was alles so in die Nena reingeht, Wein zum Beispiel, und sie stößt sogar mit Claudia an, bevor sie trinkt. Da ist die Claudia schwer beeindruckt von der Nena, und schreibt auch ganz viel, was ihr so im Kopf rumgeht, wenn sie die Nena trifft. „Keine Lust auf bemühte Floskeln und verlegenes Lossabbeln. Nicht reden – erst mal fühlen. Schweigen. Das geht. Auch ich gucke aufs Meer und bin sogar seltsam entspannt dabei. Nur einmal ganz kurz fällt mir ein, dass ich hier neben Deutschlands erfolgreichstem weiblichen Rockstar sitze.“ Interessante These, Fitz, das mit dem Rockstar. Danach muss Die Geschichte der Rockmusik muss neu geschrieben werden. Und Udo Jürgens ist dann vielleicht der deutsche Bob Dylan. Und die Claudia der deutsche Albert Goldman. Und so geht das weiter, an die 300 Seiten. Da fällt nicht weiter störend auf, dass tatsächlich noch ein paar Schlaglichter aus Nenas Leben im Business gestreift werden. Ohne dass allerdings die entscheidende Frage beantwortet würde: nämlich was sie uns mit der zauberlichen Textzeile: „Ich sehe deine Hand, hab’ sie gleich erkannt“ sagen will.

Gustav Lübbe Verlag. 2005, 312 Seiten. 16.90 €

 

Neues Buch jetzt hier bestellbar!

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10.8.2021 Planlose Poesie

Ich habe es gewagt, mich in diesem Buch mal in einem anderen Metier zu versuchen: Gedichte! Aber – keine Angst – es sind keine Corona-Gedichte. Der Titel ist einzig der Tatsache geschuldet, dass fast alle dieser Gedichte und Texte im Frühjahr 2021 entstanden sind, aber nur die wenigsten einen inhaltliche Zusammenhang mit dem verfluchten Virus haben. Geschuldet vor allem der senilen Bettflucht, die den plötzlich und unverhofft zum Dichter berufenen Autor schon gegen sechs Uhr morgens die ersten Zeilen hektisch auf einen Zettel kritzeln ließ. Die „planlose Poesie“ umfasst Satirisches, Absurdes, auch Politisches. Gereimt und ungereimt, von Limerick bis Kurzgeschichte. Mit vielen seltsamen Fotos und einem Vorwort von Martin Wacker.

Die Bestellung geht ganz einfach:

Eine Mail an kontakt@thomaszimmermusik.de schicken, mit der Angabe der Bestellung, der Adresse, an die es gesendet werden soll. Das Buch kommt dann möglichst alsbald mit Rechnung.

Es kostet 15 Euro plus 2 Euro Porto und Verpackungspauschale.

Bei Bestellungen ab drei Stück aufwärts entfällt Porto und Verpackung.

Größere Bestellungen nur gegen Vorkasse.

 

New Model Army

New Model Army

Between Wine And Blood

earMUSIC / VÖ: 05.09.2014

Bloss nicht die Wut verlieren!

Weil Drummer Michael Dean krankheitsbedingt nicht touren konnte, die Band aber heiß war, ging man gleich wieder ins Studio und schiebt nach Between Dog And Wolf (2013) nun dieses Mini-Album mit angehängtem Live-Mitschnitt nach. Die Studio CD beginnt mit geradlinigem Gitarrenstoff und wutschnaubenden Vocals in ›According To You‹. ›Angry Planet schlägt eine Brücke zu vergangen Großtaten und erinnert an die Haltung, die Hymnen wie Here Comes The War oder White coats‹ prägte.Mehr ansehen

New Model Army

New Model Army

Winter

Attack Attack / VÖ: 26.8.2016

Robin Hood wiederholt sich

Mit ›Beginning‹, diesem Refrain- und namenlosen Auftakt, der allein von einem ungut scheppernden Instrumentarium getragen wird, auf dem sich Justin Sullivans Stimme zunehmend dramatischer breit macht, legt eben jener eine falsche Fährte aus. Denn nach dem experimentellen, um hypnotische Rhythmen kreisenden Album „Between Dog And Wolf“ geht seine Band jetzt einen halben Schritt zurück und liefert neben rhythmusbasierten Mantras einige trotzige und rotzige Hymnen ab, die wie Reminiszenzen an die großen Songs der Klassiker „Thunder And Consolation“ und „The Ghost Of Cain“ klingen. ›Burn The Castle ist so ein Ding, bei dem der ewige Revolutionär gerne das Fäustchen in der Hosentasche ballt. Sullivan raunt in der Strophe, bellt und geifert im Refrain, während Schrammelgitarren drahtig flirren. »Wir haben es ganz bewusst aggressiver und auch ein bisschen weniger glatt gemischt«, lässt die Band verlauten. Das auf jeden Fall ist wahr. Früher allerdings reichten allein die Songs, um den Deckel vom Topf fliegen zu lassen. Auch wenn die Band wenig plant, sei der Richtungswechsel in gewisser Weise doch geplant gewesen, räumt Justin Sullivan ein: »Zum einen sind wir furchtbar stolz auf Dog and Wolf. Es klang einfach unglaublich gut, aber es fehlten diese aufregenden Momente, in denen man eine Band zusammenspielen hört. Das haben uns auch viele Leute gesagt«.

Hatte bei Between Dog And Wolf und dem folgenden Mini-Album Between Blood And Wine Joe Barresi (Kyuss, Tool, Queens Of The Stone Age) beim Mix an den Reglern gesessen, wurde diese Aufgabe bewusst anders vergeben: An das in jeder Hinsicht jüngste Bandmitglied, den 29jährigen Bassisten Ceri Monger, der seit 2012 dabei ist. »Wir hätten noch ein Album mit Joe machen können. Wir haben ihm sogar geschrieben, dass wir seine Arbeit wirklich toll finden, aber wir jetzt eine andere Art Album machen wollten und hofften, dass er sich dadurch nicht beleidigt fühlt. Er schrieb uns zurück, er habe vollstes Verständnis«.

Monger, den die Band von Anfang an als Mitglied der Gang akzeptierte, steht auch für den ständigen Häutungsprozess der Band, den Sullivan für sehr wichtig hält: »Wenn nur ein Neuer kommt, verändern sich alle Beziehungen innerhalb der Band. Das ist wie eine Neuanfang. Und das ist sehr gut für uns, und wohl auch einer der Gründe, warum wird es geschafft haben, immer weiter zu machen. Wenn man 30 Jahre lang mit den gleichen Leuten arbeitet, lernt man, mögliche Konflikte zu vermeiden. Das hat zur Folge, dass man sozusagen nur noch im eigenen Saft kocht.« Eine Konstante aber gibt es bei allen Besetzungswechseln: »Wir waren uns immer einig, worum es bei dieser Band geht. Obwohl wir über ein Dutzend Mitglieder im Lauf der Zeit hatten, hatten sie alle eins gemeinsam. Eine Haltung, die sagte: Es ist uns vollkommen egal, was andere Leute sagen oder tun. Entweder Du liebst es, oder Du lässt es bleiben.«

Dass die Army nach wie vor kompromisslos ihr eigenes Ding macht, zeigen exemplarisch die ersten Minuten des Albums: der Song ›Beginning‹ verstört mit einem verzerrten Bass, verzichtet auf einen Refrain und zeigt eine Band, die sich einer offenbar spontanen emotionalen Wallung hingibt. »Ich glaube, das ist wirklich eines der besten Beispiele dafür, wenn eine Band im Studio einfach losgelassen wird. Wenn man nicht in der Stimmung ist, schaltet man es vielleicht nach zehn Sekunden ab. Aber wenn man dranbleibt, ist man bereit für den Rest des Albums. Es wird ja immer behauptet, die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen sei nur noch drei Sekunden. Keiner hört mehr ein ganzes Album, sagt man. Aber ich bin da nicht so sicher. Schau dir mal an, was im Fernsehen passiert: Da laufen erfolgreiche Serien über viele Folgen, in denen die Charaktere und die Handlung sehr langsam entwickelt werden.«

8 / 10

New Model Army

New Model Army

From Here

Ear Music / Edel / VÖ: 23.8.2019

„From Here“ wurde in zwei Monaten geschrieben und in neun Tagen in einem Studo auf der kleinen norwegischen Insel Giske aufgenommen. Die Unmittelbarkeit und Spontaneität einzufangen war das Ziel – und so klingt es auch. Atmosphäre regiert, an zweiter Stelle kommt Strophe, an dritter der Refrain – wenn überhaupt. Mehr ansehen

New Roses, The

New Roses, The

Without A Trace

Last Bullett / VÖ: 28.6.2013

Erschöpft knallte sich Jonny auf den Barhocker seiner rustikalen Kellerbar. Lächelnd glitt sein Blick über vergilbten Konzertposter. Lynyrd Skynyrd, Georgia Satellites und noch ein paar härterer Burschen. Das waren noch Zeiten. Ohne Erwartungen öffnete er das Päckchen, das ihm sein Kumpel zugesteckt hatte, verschwörerisch raunend: „Hör dir das mal an, Alter. Einer von denen war sogar bei der Popakademie. Aber Du glaubst es nicht: Die können’s“. Mehr ansehen

New Roses, The

New Roses, The

One More For The Road

Napalm Records / 23.8.2017

Whisky für Alle

Wer einen Song Dancing On A Razor Blade nennt, signalisiert seine musikalische Abstammung von der besseren, der Druckbetankungs-Rock-Seite der 80er Jahre. Das neue Album, so die Band, sei »100 Prozent New Roses, direkt in die Fresse Rock’n’Roll, keine Kompromisse.« Stimmt so, ein paar Anmerkungen seien dennoch gestattet: Es ist eigentlich die gleiche Platte wie die davor und die davor, und das ist gut so.Mehr ansehen