Fire From The Soul
MIG Music / VÖ: 18.3.2016
Solides aus dem Norden
Warum beginnt dieses Album mit einem so abschreckenden Bubblegum-Poprock-Song (›Nightmare‹) inklusive Händeklatschen und Lala-Refrain? Allein die Band wird es wissen. Alles was danach kommt, ist von bemerkenswerter Qualität. Meistens eingängig, mit ein paar progressiven Schlenkern, manchmal etwas klischeehaft hinkomponiert, aber nie banal und schon gar nie langweilig. ›The Way It Used To Be‹ ist eine Gute Laune-Hymne mit ansprechendem Chor, ›Fighting In The Street‹ ist nicht der einzige Song, der an die Doppel-Lead-Gitarren-Glanztaten früher Jahre erinnert: Der eigenen und der von Wishbone Ash. Richtig rund wird es, wenn sie keltische Folk-Einsprengsel inklusive Fiddle-Töne in die Musik lassen. ›No One Can Save Me‹ hat genau das und einen hymnischen Helden-Chor und ein paar keltische Folkelemente. ›Fire from The Soul‹ ist schon fast eine kleine Suite und bietet in neun Minuten alles, was die Epitaph-Band des Jahres 2016 an Ideen hineinpacken kann. Es empfiehlt sich, das Testhören damit statt mit ›Nightmare‹ zu beginnen.
7 1/2 / 10
Danger Man
MIG Music / VÖ: 30.3.2012. Originalveröffentlichung 1982
Nach dem Zerfall der Besetzung mit Heinz Glass an der Gitarre und Fritz Randow am Schlagzeug (der wieder zu Eloy zurückkehrt) reaktiviert Epitaph -Gründer Cliff Jackson die Besetzung mit Gitarrist Klaus Walz, Bernie Kolbe am Bass und Norbert Lehmann am Schlagzeug. Das Originalcover zeigt eine nietenbewehrte Faust, die Metal suggeriert, die Wiederveröffentlichung versteckt es gnädig en miniature im Booklet. Mehr ansehen
Memphis Rock And Soul
Universal / VÖ: 7.10.2016
Back To The Roots
Melissa Etheridge wllte zurück zu den schwarzen Wurzeln der Musik, die sie schon als Kind unter dem Etikett ›Race Music‹ fasziniert hatte. So wie diese Künstler wollte sie singen. Sänger und Sängerinnen, die Spuren in Etheridges Gesangsstil hinterlassen haben, auch wenn ihre Musik bislang von ihren Fans eher als genuin weiß wahrgenommen wurde. Und so hält die Überraschung darüber nur kurz an, wie natürlich und scheinbar mühelos sie sich Songs des Stax-Labels angeeignet hat. Sam & Daves ›Hold On I’m Coming‹ vermählt die gitarrenbefeuerte Breitbeinigkeit, die man von ihr kennt, mit einem fulminanten Bläsersatz und einer ausdrucksstarken Gesangs-Performance, die die Erregteit der Vorlage nicht kopiert, sonder neu interpretiert. Johnnie Taylors ›Who’s making Love‹ besticht durch rhythmische Eindringlichkeit und die raffiniert gesetzten Bläser, während sie Otis Reddings. ›I’ve Been Loving You Too Long‹ mit Inbrunst vorm Abgleiten aufs Plüschsofa bewahrt und John Mayer als Gast ›Rock Me Baby‹ mit einem drahtigen Gitarrensolo veredelt. Die Produktion von Boo Mirchell ist kraftvoll, aber nicht überlebensgroß. Dass unter den 12 Stücken auch einige eher obskure, vergessene sind, ist ein zusätzliches Verdienst der Künstlerin, die damit erklärtermaßen ihr Publikum zum Entdecken der Originale animieren will.
8 ½/10
Last Look At Eden
Ear Music/Edel / VÖ: 9.9.2009
Es ist schon aller Ehren wert, dass die einstigen Könige des europäischen Haarspray Rock nach langer Sendepause im 21. Jahrhundert wieder zusammengefunden haben. Genauso ehrenhaft, dass sie auf den Studioalben nach dem Neustart mit modernisiertem, gitarrenlastigerem Sound so etwas wie „erwachsene“ Rockmusik versucht haben.Mehr ansehen
Walk The Earth
Hell & Back Records / VÖ: 20.10.2017
Jetzt mit weniger Kohlehydraten
Eine Hymne ist Pflicht pro Album: ›Walk The Earth‹ schreitet gravitätisch das vertraute, traditionelle Europe-Terrain ab: Vom Orgelschwellkörper zum Riff zum großmächtigen Joey-Tempest Gesang. Der singt nicht, der deklamiert, während die Kapelle das gewohnte Breitwand- Kino durchexerziert. Aber danach beginnt eine teils doch recht schräge Achterbahnfahrt, bei der die Schweden immer wieder die Grenzen dessen auslosten, was sie ihrem Publikum glauben zumuten zu können. Mehr ansehen
Bag Of Bones
ear Music / VÖ: 18.04.2012
Vorwärts in die Vergangenheit
Ja, und es geht doch! Hatte man bei Last Look At Eden (2009) den leisen Verdacht, sie könnten wieder für Momente in Richtung 80er Jahre Pomp zu schielen, setzen sie nun ihren modernisierten Sound des 21. Jahrhunderts kraft voll fort. Das heißt bei ihnen: Der klassische Hardrock der 70er Jahre feiert konsequent wie noch nie fröhliche Urständ – nicht unbedingt originellem, aber mit blödsinnig glücklich machendem Ergebnis.
Um ja keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, startet das Album gleich mit dem scharfkantigen ›Riches To Rags‹: Ian Haughland macht den Bonham, Norum feuert ein wohldurchdachtes Soli: Kurz, schnell, auf den Punkt. Damit ist die Duftmarke gesetzt für den Rest.
›Not Supposed To Sing The Blues‹ ist der Anker des Album. Hier ist alles drin: Ein schwerer Midtempo Riff zwischen Purple und Sabbath angesiedelt, eine orientalische Led Zeppelin Bridge, die die Brücke zu einem hochmelodiösen Europe-Refrain baut, dann wieder ein schmurgelndes, gurgelndes, wahwah-furioses Norum-Solo – und Joey Tempest auf der Höhe seiner Kunst: der Mann, der nicht unbedingt die archetypische Stimme eines Hardrockers hat, aber doch mit den Jahren immer mehr Blues-Timbre und damit Glaubwürdigkeit gewinnt. Der autobiographische Text verweist auf Led Zeppelin, AC/DC und fragt, ob einer wie er denn überhaupt den Blues singen dürfe. Spätestens mit My Woman My Friend mit seiner breitwandig inszenierten Melancholie sollte die Frage beantwortet sein. Dazu die beiläufigen effektvollen Gitarrenlicks, von unten beheizt (wie auf dem ganzen Album) die schweinischste Schweineorgel, zu der ein Mic Micaeli fähig ist. Ja, eine Ballade gibt’s auch: ›Bring It All Home‹. Man vergleiche mit ›Carrie‹, dann weiss man, was ein musikalischer Reifeprozess ist.
9/10 Thomas Zimmer
Den Sound neu definiert mit „Walk The Earth“
Vor zwei Jahren haben Europe mit War Of Kings ein von Kritik und Fans gleichermassen hochgelobtes Album veröffentlicht, 2016 haben sie in zehn Konzerten noch einmal ihr Erfolgsalbum The Final Countdown in voller Länge abgefeiert, und nun legen sie mit Walk The Earth ihr elftes reguläres Studialbum vor, das den Europe-Sound – zumindest in Nuancen – neu definiert.
»Die Haltung, die dahintersteht, die Arbeitsweise, war bei beiden Alben ziemlich ähnlich. Ich finde allerdings, Walk The Earth ist ein bisschen mehr Abenteuer, was Aufnahmetechnik, Texte und Songwriting generell betrifft. Wir hatten viel Spaß dabei, ein bisschen mehr zu experimentieren – genauso wie wir Spaß hatten, wieder große Riffs und Melodien zu erfinden«, sagt Joey Tempest. Während War Of Kings fast durchgängig ein melodiesattes Statement für den Überlebenswillen des Genres Classic Rock war, erlaubt sich das Quintett nun wieder gelegentlich, seine schräge, düstere Seite – allerdings in vorsichtiger Dosierung – hervorzukitzeln. Mehr ansehen
Saudades de Rock
Frontiers / VÖ: 12.8.2008
12 Jahre Pause, und nun also wieder ein Extreme Album, Man hört und fragt sich zunehmend verwundert, was man dereinst an dieser Band so zu schätzen wusste? War es der Gesang von Gary Cherone mit seiner genre-untypischen Mischung aus Hitzköpfigkeit und Unterkühltheit? Mehr ansehen
Musik als komische Sprache
Faltsch Wagoni im Jubez, Karlsruhe, 14.2.2009
Er fängt an, auf der singenden Säge „O sole mio“ zu spielen, und da merkt sie umgehend an, sie habe schon immer ein Soloprogramm machen wollen. Was ihm wiederum Gelegenheit gibt, mit einem beiläufigen „Ohne mich!“ zu antworten. Will man denn einen roten Faden in diesem „Best of“ Programm sehen, dass das Musikkabarettisten-Duo Faltsch Wagoni (Silvana Prosperi und Thomas Busse) am Samstag im Jubez aufführte, dann mag es im weitesten Sinne der Kampf der Geschlechter sein. Dem nähren sich die beiden zumeist mit dem Mittel des Wortspiels. Hinlänglich subtil, selten grobklotzig. Lösungen werden nicht angeboten. Stattdessen gibt es musikalisch mit vielfältigen Mitteln in Szene gesetzte Frage- und Ausrufezeichen.Mehr ansehen
Uli Twelker
Georgie Fame – There’s Nothing Else To Do
1959 wurde der 16jährige Pianist Clive Powell aus Leigh bei Manchester zu Georgie Fame. Schuld daran war der Impressario Larry Parnes, der ein Händchen fürs Geld machen und das Erfinden von Künstlernamen hatte. Es hätte schlimmer kommen können: Ob aus Georgie Fame unter dem Namen „Lance Fortune“ wohl was geworden wäre, bleibt dahingestellt. Mehr ansehen