Ausdruckstanz im 9/8 Takt
Seconds Out im Jubez, Karlsruhe, 18.12.2015
Wenn das Original nicht mehr zu haben ist, tut es – und nicht nur zur Not – auch die mehr oder weniger werkgetreue Kopie. Die Sehnsucht, die verschrobene, verschachtelte, fantastisch versponnene Musik der frühen Genesis wieder auf Bühnen zu hören, scheint vor allem bei den über Vierzigjährigen ungebrochen. Nachdem Genesis-Originalmitglied Steve Hackett in den vergangenen Jahren mit seinen „Genesis-Revisited“-Tourneen die Hallen füllte, nachdem die Franko-Kanadier The Musical Box ganze Alben jener Ära in Gänze aufführten, bleibt immer noch genug Publikum für eine „kleine“ Band wie die Aschaffenburger Seconds Out, die seit 1991 in unterschiedlichen Besetzungen in der gleichen Mission unterwegs sind. Mehr ansehen
Mein Herz, das schlägt sich noch ganz gut
SILLY in der Festhalle Durlach, Karlsruhe, 4.12.2010
Sie hatten schon immer das Zeug, die gesamtdeutsche Popwelt zu erobern, damals zu DDR Zeiten. Da war Silly eine Band, die wirklich das im anderen Deutschland so oft beschworene Weltniveau hatte und deren Musik man auch im Westen kaufen konnte. Hätte man es getan, hätte man gewusst, was die Musiker und ihre Sängerin Tamara Danz treiben: leicht schrägen Powerpop plus Texte mit Anspruch, leicht aufmüpfig. Aber damals interessierten sich im Westen allenfalls Spezialisten für Silly. Mehr ansehen
Im Lande der Gitarren
Sinner und Voodoo Circle in der Fabrik, Bruchsal, 30.11.2011
Zugegeben, die beiden Hauptattraktionen des verschwitzen Mittwochabend in der Bruchsaler Fabrik haben weder der Hardrock noch den Heavy Metal erfunden, aber sie haben sich mit soviel Liebe in den Geist der Erfinder hineingeprügelt und soliert, mit soviel Emotion ihre eigenen Songs daraus gemacht und mit soviel Inbrunst auf die Bühne gebracht, dass es einen Orden wert wäre. Zum Beispiel dafür, die besten Whitesnake oder Rainbow (Voodoo Circle) oder – zumindest für Momente – die besten Thin Lizzy zu sein, die es im 21. Jahrhundert gibt (Sinner).Mehr ansehen
Es hopst der Schrat
Skyclad, Karlsruhe, Substage, 22.4.1998
Gleich vorweg: Es gehörte zu jenen seltenen Konzerten, bei denen man sich am Ende artig backstage schleicht, um den Künstlern persönlich heißen Dank für ihre erregenden Darbietungen abzustatten. Und sie hatten es verdient. Das „Substage“ hatte seine kleine, aber feine Partybühne erstmals aufgestellt, und damit die Atmosphäre gleich mal auf Pub-Ebene abgesenkt bzw. hochgeschraubt. Und so fühlte es sich denn auch an. Martin Walkyier („Ich bin der Martin“) steckte gleich zu Anfang die Ziele der wohlfeilen Darbietung in perfektem Deutsch ab: Party bis zum Umfallen, ein bisschen was trinken, auch mal einen heben zwischendurch, vielleicht noch sich einen hinter die Binde kippen und zur Abwechslung mal so richtig saufen. Mehr ansehen
Notizen aus der Provinz
Sons Of Bill im Jubez, Karlsruhe, 5.12.2012
Die Sons Of Bill sind ein Quintett aus Charlottesville. Virginia – ihr Kern sind die Brüder James, Sam und Abe Wilson. Mit ihrem in diesem Jahr erschienen dritten Album „Sirens“ haben sie wohl zu ihrem definitiven Bandsound gefunden: Verwurzelt im Country-Rock der 70er Jahre integrieren sie Nineties-Gitarrenrock und Alternative Country Elemente – und lassen ihrer Neigung zum hymnischen ziemlich ungehemmt freien Lauf. Das schafft den perfekten Soundtrack zu nicht gedrehten Filmen über sympathische Träumer aus der Provinz. Der verschmähte Liebhaber, der in „Broken Bottle“ davon träumt, allein in der Gosse zu verrecken, ist so einer, der sich dann wieder zur Ordnung ruft: „Hank Williams might have been a love sick drinker, but bein‘ a love sick drunk don’t make you Hank“. Der junge James Wilson – beziehungsweise sein 18jähriges Alter Ego – das den Song „Texas“ seinerzeit als Spottlied geschrieben hat, stößt in dem Staat, über den es soviel Country-Songs gibt, schnell an seine Grenzen und stellt fest: das ist nix für einen Jungen aus Virginia. Er ist eben kein Cowboy, der mit den Senoritas tanzt, und nein: Er kann nicht in einem Staat leben, in dem jeder denkt, er sei John Wayne.
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Lauter laute Neo Hippies
Spiritual Beggars / Wolvespirit im Sunstage, 14. April 2016
Es gibt Bands, die klingen nicht einfach „wie 1971“. Bands, bei denen man glaubt, es sei tatsächlich 1971. WolveSpirit, denen an diesem Abend die durchaus dankbare Aufgabe zukommt, für die Spiritual Beggars zu eröffnen, sind so eine Band.Mehr ansehen
Familienunterhaltung
Europahalle, Karlsruhe, 29.10.2011
Die Kombination ist perfekt: Zwei Bands, die ihre Variante vom Perpetuum Mobile des Rock’n’Roll zelebrieren. The Hooters als Vorband, dann Satus Quo. Zwei Bands, die Tag für Tag da auf die Bühne hinausgehen, um zu beweisen, dass die Wiederholung des ewig gleichen alles andere als langweilig ist. Mehr ansehen
Als wären sie schon im Stadion
CD Release Party von Stereodrama, Tempel, Karlsruhe, 16.1.2016
Eine CD-Release-Party ist immer etwas Besonderes, meint Denis Majnaric, Bassist von Stereodrama. In einer halben Stunde soll sie beginnen, es soll „unser Abend werden“. Dafür haben sie den ganzen Tag geschuftet. „Wir haben eine extra PA geholt, am Sound gefeilt, und der Merchandising Stand ist etwas großzügiger als sonst“. Dass letztlich keine 100 Leute an diesem Abend da sind, kann die Musiker nicht erschüttern. Sie wissen, dass der Prophet lange braucht, bis er im eigenen Lande was gilt, und schließlich ist es auch eine Art Familientreffen: „Wir haben ja nicht so oft zuhause gespielt. Uns ist es wichtig, den Leuten, die uns vielleicht zwei Jahre nicht gesehen haben, zu zeigen: Da ist was passiert“.Mehr ansehen
Wärme. Zuversicht. Liebe.
Stefan Stoppok im Tollhaus, Karlsruhe, 25.4.2008
Feine Idee, das Konzert mit „Na Gut“ zu beginnen, der eingedeutschten Fassung von „Oh Well“, seinerzeit ein Hit der frühen Fleetwood Mac. Schon in diesen drei Minuten zeigt sich die Qualität der umbesetzten Stoppok Band, die neben dem Chef jetzt wie bisher den hyperaktiven Reggie Worthy am Bass und die „Neuen“, Sebastian Niehoff an Gitarre und Hammond und den jungen Trommelartisten Benny Greb an den Drums enthält. Sie verdichten die sowieso schon immer haargenau auf den Punkt gespielten Songs des Stefan Stoppok zu einer noch konzentrierteren, energiegeladeneren Darbietung als bisher. Mehr ansehen
Elektrisierter Grundblues. Mit alles, scharf.
Stoppok und Band im Tollhaus, Karlsruhe, 26.11.2014
Stefan Stoppok, der unbeugsame Propagandist des ewigen „Grundblues“, geht es beim Konzert mit neubesetzter Band im Tollhaus so an, wie es sich für ein echtes Sumpfhuhn gehört: Im Sitzen mit der akustischen dirigiert er seine Mannen durchs Mississippi Delta, und beschallt das Publikum mit gleich mehreren Nummern vom aktuellen Album „Popschutz“. Will man den Titel als „Schutz vor Pop“ interpretieren, bekommt man das im Konzert noch einmal bestätigt: der Groove dieser Band ist noch erdiger als bisher. Was zu einem Gutteil dem prominenten Neuzugang Wally Ingram am Schlagzeug zu verdanken ist. Er hat für Stars wie David Lindley oder Sheryl Crow getrommelt und bringt sein hochgradig perkussives Spiel in die Stoppok-Band ein, ohne deren althergebrachte Lässigkeit zu beschädigen.
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