Love And Beyond
Frontiers Records I VÖ: 26.04.2019
Große Gefühle revisited
Diese Musik ist so hoffnungslos aus der Zeit gefallen, dass sie selbst den Böswilligsten ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Es ist hochglanzpoliertes Hollywoodkino, bei dem man unwillkürlich an rosarote Stretch-Limousinen voller blondgelockter Topmodels denken muss. Bei deren Anblick der Sänger sein Herz aus der Brust reisst und es vor sie hinwirft. Der Gitarrist Michael Thompson wollte die großen Gefühle des Debütalbums von 1989 noch einmal mit vokaler Unterstützung von Larry King, Larry Antonino und Mark Spiro aufwallen lassen. Die Songs sind erwartungsgemäß familienfreundlich, auch wenn hie und da – wie im Titelsong – ein harter Riff aufblitzt. Das meiste sorgt in gemächlichem Midtempo für Atmosphäre. ›All Alone In A City Of Angels‹ will ganz großes Drama, klingt dafür aber einfach zu routiniert und kalkuliert. Wie überhaupt viele Songs nach AOR-Versatzstücken aus dem Baukasten klingen. Das Beste kommt erst gegen Ende: ›Just Stardust‹ ist pure Hypnose dank Bass-Erotik und sämiger Gitarrenchöre. Überhaupt kann man an den Gitarren bei allen Abstrichen am Songwriting einen Narren fressen: Jedes Solo ist sorgfältig durchdacht, vermutlich jede einzelne Note wissenschaftlich auf Wirkung geprüft. Und die haben sie ausnahmslos alle: Aphrodisiakum für die Ohren.
7/10
Paranoider Pointenjäger
Michael Mittermeiergastierte in der Stadthalle, Karlsruhe, 26.2.2005
Die Intromusik ist setzt hohe Maßstäbe: „Paranoid“ von Black Sabbath. Kränker geht es halt nur schwer. Wer gegen Ozzy Osbournes finales Statement zum Irresein anstinken will, hat schon fast verloren. Das ahnt Mittermeier, der beileibe kein Irrer ist, sondern vor allem ein guter Hand- und Mundwerker. Da kann er noch so sehr affenähnliche „silly walks“ durchprobieren, Glubschaugen- und Glubschmünder, ganze Glubschkörper auf die Bühne bringen. Er ist der Mittermeier aus Bayern. Sympathisch, harmlos. Manchmal gut. Er ballt Fäustchen, streckt Finger raus, zeigt viel in die Luft. Und macht viele Geräusche, wie man sie aus Sprechblasen kennt, nur lauter. Gestik und Mimik und Geräusch, so vielfältig sie aufs erste wirken mögen, sind doch reduziert auf das, was man auch von weit hinten im großen Saal noch deuten kann. Das ist legitim, aber nicht eben subtil.Mehr ansehen
Sehr sympathisches Missgeschick
Mockemalör im Jubez, Karlsruhe, 15.5.2014
„Ihri Musik isch Alemannische Elektroindi“, sagt die alemannische Wikipedia. So ist es – aber nicht nur. Die Definition greift zu kurz, ist zu sehr Schublade. Denn die Band hat sich ihr ganz eigenes Klanguniversum geschaffen Mockemalör sind die Kreuzung einer textlichen Annäherung an Heimat, an die Melancholie des Schwarzwaldes mit dem großstädtischen Elektropopsound. Der in in Berlin beheimateten Band steht die Sängerin Magdalena Ganter vor, eine Exilantin aus Hinterzarten – und sie bestimmt mehr als die Musik die Anmutung diese meist melancholische, meditative, um sich selbst kreisende, gelegentlich aber auch rhythmisch aufbrausende Musik.Mehr ansehen
„Hier können Sie aber nicht parken“
Fotos: Archiv Benny Mokross
Groupies, Champagner, ausschweifende Parties und viel Geld: Das ist das Klischeebild des Profimusikers. Die Realität sieht aber für die meisten freischaffenden Berufsmusiker deutlkich anders aus. Benny Mokross ist einer von ihnen: Der Schlagzeuger und Percussionist spielt vor allem Jazz und Weltmusik, er hat über 3.000 Konzerte gespielt und ist auf rund 60 Tonträgern zu hören. Er berieibt ein Tonstudio und ist Dozent. Zusammen mit dem Transorient-Orchestra sowie der Glen-Buschmann-Jazzakademie erhielt er 2017 den WDR Jazzpreis.
Jetzt hat er ein Buch veröffentlicht mit dem Titel „… hier können Sie aber nicht parken“. Man ahnt, worum es geht: der Musiker will sein Equipment ausladen, soll es aber einen Kilometer vom nächsten Parkplatz zur Bühne tragen. Die mal zu klein ist oder bei einer Open Air-Verantaltung nicht überdacht. Kaum hat die Band den ersten Ton gespielt, ruft der Gastgeber der Veranstaltung, für die sie gebucht ist: „Das ist viel zu laut, sie dürfen die Gäste nicht erschrecken, schließlich soll das hier kein Konzert sein, sonderm gepflegte Hintergrundmusik.“ Er erlebt Situationen zwischen Tragikomik, Unverschämtheit von Veranstaltern und schlichter Ignoranz gegenüber seiner Arbeit. Da wird eine Jazzband für eine Veranstaltung gebucht, deren Publikum eher betrunkene Punker sehen will. Manchmal spottet das Catering jeder Beschreibung, Mokross nennt es „Nährschleim“. Was er im amüsanten Plauderton beschreibt, erleben Jazz- und Rockmusiker in ähnlicher Form immer wieder. Ich habe mich mit ihm ausführlich über das Buch unterhalten. Hier ist das komplette Interview…..
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In Search Of The Lost Chord. 50th Anniversary Edition
Universal Music I VÖ: 2.11.2018. Originalveröffentlichung 1968
»Obwohl wir auf dem vorangegangenen Album ein Orchester hatten, waren wir überzeugt, wir sollten uns auf dem nächsten Album auf uns selbst verlassen. Wenn wir nun also ein bestimmtes Instrument in einem Song verwenden wollten, musste immer einer von uns herausfinden, wie man es spielt«, wird John Lodge im 76 Seiten umfasenden Booklet zitiert. Mehr ansehen
Paragon
AOR Heaven I VÖ: 30.10.2020
Standardsituationen
Eingängigkeit, bis es quietscht: Das ist das Erkennungsmerkmal des aktuellen Albums des ehemaligen Final Frontier- und kurzzeitigen Saga-Sängers Rob Moratti. Der sich für diese fünfte Solo-Unternehmung als Special Guests unter anderem die Gitarristen Joel Hoekstra und Ian Crichton geholt hat. Mehr ansehen
Das lebendige Jazz-Rock-Museum
Moritz im Jubez, Karlsruhe, 23.1.2015
1973 war es, als Norbert Moritz eine Erleuchtung hatte: Er sah erlebte ein Konzert von Blood, Sweat & Tears. „Da musste ich mein ganzes musikalisches Denken neu ordnen“, erzählt er am vergangenen Freitagabend den Zuhörern seiner nach im benannten Band im Jubez. Man glaubt’s ihm sofort. Dass der Mann, der seit 1981 die besten Blood Sweat & Tears diesseits des Atlantiks betreibt, vorher Roy Black und Tony Marshall gehört haben will, glaubt im natürlich an diesem Abend niemand.Mehr ansehen
Sola Scriptura And Beyond
Inside Out / SPV / VÖ: 15.7.2008
Der wirklich hochsympathische Neal Morse erzählt auf der Bonus Disc, wie ihm die Band aus weitgehend unbekannten holländischen Musikern zuwuchs, von seinem Misstrauen, ob diese Menschen sein komplexes Material spielen können, und der wunderbaren Erkenntnis, dass sie es (mit Gottes Hilfe natürlich ) wirklich können. Mehr ansehen
Wehe, wenn sie losgelassen
Mothers Finest im Substage, Karlsruhe, 11.10.2014
„Black Radio Won’t Play This Record“ hieß ein Album der Band, die 1970 von dem Ehepaar Glen Murdock und Joyce „Baby Jean“ Kennedy in Atlanta gegründet würde. Sieht man diese unverwüstliche Band heute auf der Bühne, beschleicht einen das Gefühl, kein Radio dieser Welt könnte diese Musik jemals spielen. Es würde platzen. Mother’s Finest, die nach dem 92er Album gerade mal noch ein weiteres Studio-Werk veröffentlicht haben, sind live nach wie vor die intensivste und härteste denkbare Kreuzung von Funk und Metal.
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In Lärmgewittern gereift
Mothers Finest im Substage, Karlsruhe, 7.11.2019
»It‘s The Groove, Stupid«, möchte man all jenen zurufen, die da meinen, Mothers Finest hätten verlernt, packende Songs zu schreiben. Natürlich haben die Unkbolde in gewisser Weise Recht. Denn fast alles, was die Band in den vergangenen 20 Jahren veröffentlicht hat, ist songschreiberisch eher Mittelmass. Aber wen stört das, wenn er Jahr für Jahr, Tournee für Tournee wieder einen solch geballte Packung an raffiniert verschachtelten Funk-Rhythmen, Metal-Riffs und nach alter Hippie-Schule ausgedehnten Gitarren-Inprovisationen in die Fresse gedrückt bekommt? Mehr ansehen